5.1. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) trat am 1. November 1993 als Bestandteil des sogenannten „Asylkompromiss“ in Kraft und wurde seitdem mehrmals geändert. Es definiert erstmals Personengruppen von Ausländern, die keine Leistungen der Sozialhilfe (bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende) zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, sondern nur die erheblich geringeren Leistungen nach dem AsylbLG.
Damit sollten die öffentlichen Haushalte entlastet und ein angeblich bestehender Anreiz zum Zuzug in die Sozialleistungssysteme (der nie nachgewiesen wurde) eingeschränkt werden. Insgesamt handelt es sich bei den Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG um Personen, die alle kein Daueraufenthaltsrecht haben. Ansonsten hat diese Personengruppe aber einen sehr unterschiedlichen Aufenthaltsstatus und die Dauer ihres Aufenthaltes kann nicht grundsätzlich als kurzfristig bezeichnet werden.
Das AsylbLG ist ein Sondergesetz und schon aus grundsätzlichen menschenrechtlichen Erwägungen heraus abzulehnen, weil es Asylsuchende von der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausschließt und diese in nicht hinzunehmender Weise diskriminiert sowie von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließt.
5.2 Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 und Novelle des AsylbLG vom 10. Dezember 2014
Das BVerfG hat festgestellt, dass wesentliche Regelungen des AsylbLG nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es traf in dem Urteil die programmatische Aussage: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Der Gesetzgeber wurde somit zu einer Neuregelung verpflichtet. Begründet wird dies so: Das Existenzminimum muss „in jedem Fall und zu jeder Zeit“ sichergestellt sein, keinesfalls dürften Asylsuchende schlechter gestellt werden, um Anreize für Wanderungsbewegungen zu vermeiden.
Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Höhe der Leistungssätze orientiert sich an den bestehenden Regelungen nach dem Sozialgesetzbuch. Es liegt also nahe, die Personengruppen des AsylbLG in die allgemeinen Sozialleistungssysteme einzubeziehen, wie es schon lange GRÜNE Forderung ist. Damit würde dann endlich eine Beteiligung des Bundes festgeschrieben – hier bestünde also deutliches Einsparpotenzial auf Seiten der Kommunen!
Mit der Novellierung des AsylbLG vom 10. Dezember 2014 sollen die Vorgaben des Urteils umgesetzt werden. Die Leistungssätze wurden angepasst und (analog SGB II) auf Grundlage des Statistikmodells der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelt. Zusätzlich sollen Leistungsberechtigte künftig nach einer Wartefrist von 15 Monaten Analog-Leistungen entsprechend SGB XII erhalten. Diese Analog-Leistungen betreffen auch die Gesundheitsleistungen. Allerdings tragen hierfür weiterhin die Kommunen die Kosten.
Eine weitere Neuerung ermöglicht es kleinen Personengruppen, die bisher auch nur leistungsberechtigt nach dem AsylbLG waren, in die Regelsysteme zu wechseln. Dies betrifft erstens InhaberInnen von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 4a und 4b AufenthG (Menschenhandelsopfer und Opfer vergleichbarer Straftaten). Sie dürfen sofort Leistungen nach den Regelsystemen beziehen. Zweitens betrifft es Personen, bei denen nach § 25 Abs. 5 AufenthG Abschiebungshindernisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen vorliegen. Sie dürfen nach 18 Monaten Leistungen nach den Regelsystemen beziehen.
5.3 Sachleistung oder Geldleistung
Die Ausgestaltung der Leistungsgewährung obliegt den Kommunen, das Land empfiehlt grundsätzlich Geld- vor Sachleistungen zu gewähren. In seiner Sitzung vom 19. Dezember 2014 hat der Bundesrat einem Gesetz zur Verbesserung der Rechtstellung von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern (Rechtsstellungsverbesserungsgesetz) zugestimmt. In diesem neuen Gesetz wird auf Bundesebene der bisher geltende Grundsatz des Vorrangs des Sachleistungsprinzips durch den Vorrang des Geldleistungsprinzips abgelöst.
Momentan gewähren die Kommunen die Leistungen nach § 3 AsylbLG entweder in Form von Geldleistungen oder in einer kombinierten Form von Geld- und Sachleistungen (z.B. Essensgutscheine). Wir lehnen Sachleistungen und Essensgutscheine ab und setzen uns vor Ort für Geldleistungen ein, denn wir wollen, dass die Flüchtlinge selbst entscheiden können, wann, was und wie viel sie essen und für was sie Geld ausgeben möchten bzw. müssen.
Eine detaillierte Auflistung der Gewährungen von Leistungen in den rheinland-pfälzischen Kommunen (Stand Oktober 2013) findet sich in der Antwort auf unsere Große Anfrage zur Anwendungspraxis des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Rheinland-Pfalz:
http://www.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/2943-16.pdf
5.4 Finanzielle Unterstützung für die Kommunen von Landesseite
Das Land Rheinland-Pfalz erstattet den Kommunen für jeden Asylsuchenden ab dem 1.1.2015 eine Pauschale in Höhe von 513 Euro monatlich.
5.5 Residenzpflicht und Wohnsitzauflage
In Rheinland-Pfalz wurde die Residenzpflicht für AsylbewerberInnen und Geduldete bereits aufgehoben. Nun gibt es mit dem Rechtsstellungsverbesserungsgesetz auch auf Bundesebene eine Lockerung bei der räumlichen Beschränkung dieser Personengruppen. Konkret heißt das, dass die Residenzpflicht für Duldungsinhaber und Personen in laufenden Asylverfahren nach einem Aufenthalt von drei Monaten aufgehoben wird. Außerdem regelt das neue Gesetz die Wohnsitzauflage für diese Personengruppen neu. Nun sind Wohnsitzänderungen aus wichtigem Grund möglich, etwa bei existenzsichernder Arbeitsaufnahme.
Die Erläuterungen zur Zustimmung des Bundesrats zu diesem neuen Gesetz sind hier nachzulesen:
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/929/erl/9.pdf?__blob=publicationFile&v=1