Für viele Kommunen ist das Schaffen von ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum eine der größten Herausforderungen. Dazu hat die GKomV ein Seminar in Speyer angeboten. Es gilt die Hintergründe zu verstehen und potenzielle Lösungsansätze zu finden.
Nach jahrzehntelanger Sparpolitik des Bundes und der Länder ist zunächst das Verständnis von der staatlichen Aufgabe der Daseinsfürsorge wiederzubeleben, denn die Auswirkungen auf die Kommunen sind spürbar. Referentin Iris Behr, Prokuristin vom Institut Wohnen und Umwelt GmbH stellt dazu die die bisherige Entwicklung des öffentlichen Wohnbaus in Deutschland vor. Sie schildert, dass nach jahrelanger kommunaler Einsparungspolitik und dem Auslaufen sozial geförderten Wohnungsbestandes die Mittel durch Bund und Land für den Wohnbau wieder angestiegen sind.
Aus grüner Perspektive ist stets kritisch zu beachten, das Spannungsfeld zwischen vorhandenem Bauland und dessen Erschließung und Anbindung, die Baukosten und die Einbindung meistens privater Investor*innen. Sinnvoll und effektiv wäre es, den Wohnbau zurück in die öffentliche Hand zu übergeben. Als Maßnahme komme dabei die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in Frage, sofern eine solche nicht bereits vorhanden ist, sowie neue Formen wie die Wohnungsgemeinnützigkeit.
Speziell für die Wohnraumförderung in Rheinland-Pfalz wurde 2015 das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen RLP gegründet. Allein 2018 flossen 300 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau, Finanzierungspartnerin ist die Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz. Das Bündnis beinhaltet eine Kooperationsvereinbarung mit den Gemeinden zur Stärkung des geförderten Mietwohnungsbaus und eine Zuschussförderung für investitionsvorbereitende Maßnahmen vor Ort.
Konkrete politische Festlegungen wären noch zu geben in den Bereichen Bodenvergabe, Mobilitätsentwicklung, Energieversorgung und zu konkreten Klimaschutzkonzepten. Neben den boomenden Agglomerationsräumen sollte insbesondere im Flächenland Rheinland-Pfalz die demographische Ebene in den ländlicheren Regionen berücksichtigt werden.
Kompakte, funktional und soziokulturell gemischte Städte streben die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen an lokalen Arbeitsmärkten und in den sozialen Netzen an. Statt immer weiter in die Fläche gehender Neubaugebiete sollte auch in den kleineren Städten und Gemeinden an Innen- vor Außenverdichtung gedacht werden. Hier gilt es Ortszentren familien- und altersgerecht wiederzubeleben und weiteren Flächenverbrauch vorzubeugen.
Bereits jetzt stehen im ländlichen Raum Häuser leer oder werden nur noch von älteren Menschen ohne die notwendige barrierefreie Umgebung allein bewohnt. Gerade kleine Familien mit geringem bzw. mittleren Einkommen suchen für sich bezahlbarem Wohnraum in Häusern mit intakter Nachbarschaft. Derzeit wird in Speyer ein interessantes Projekt „ZUKUNFTSQUARTIER SPEYER – GEMEINSCHAFTLICH VIELFALT LEBEN“ als erstes nachbarschaftliches Wohnprojekt mit Beteiligung der Interessierten geplant. Das Ziel für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung liegt in der Beibehaltung der kulturellen Heterogenität in der Stadt. Für den ländlichen Raum bieten sich hier Chancen für die Mittelzentren bei einer verbesserten Infrastruktur und Versorgung.
Die Politik ist unverändert gefordert, in den Kommunen geeigneten Wohnraum für unterschiedliche Ansprüche und Lebensformen zu schaffen und für den Flächenverbrauch entsprechend qualitätsvolle Ausgleichsflächen zu entwickeln. Wohnraum ist ein Menschenrecht, es ist Gemeinde übergreifend und damit auch interkommunal anzugehen.
Referentin Iris Behr und GKomV-Vorstandsmitglied Irmgard Münch-Weinmann